FBL-R Die Freiburger Beschwerdenliste
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Autoren |
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Jochen Fahrenberg |
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Quelle |
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Fahrenberg., J. (1994). Die Freiburger Beschwerdenliste (FBL).
Form FBL-G und revidierte Form FBL-R. Handanweisung. Göttingen:
Hogrefe. |
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Vorgänger-/ |
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Fahrenberg, J. (1966). Eine statistische Analyse funktioneller
Beschwerden. Zeitschrift für
Psychosomatische Medizin, 12, 78-85. Fahrenberg, J. (1975). Die Freiburger Beschwerdenliste FBL. Zeitschrift für Klinische
Psychologie, 4, 79-100.
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Anwendungsbereich |
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Die FBL ist ein Fragebogen zur Erfassung körperlicher
Beschwerden bei Jugendlichen und Erwachsenen (von 16 Jahren bis ins hohe
Alter). Sie kann allgemein zum Assessment der individuellen Neigung zu
Beschwerden (Klagsamkeit) und im Rahmen der klinischen Diagnostik
eingesetzt werden |
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Bearbeitungszeit |
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Die FBL-R benötigt ca. 10 Minuten.
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Kurzbeschreibung |
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Die FBL-R ist ein Inventar zur Erfassung aktueller, situativ
bedingter und chronisch-habitueller Körperbeschwerden. Die 71 Beschwerden
sind nach neun funktionellen Syndromen bzw. Organssystemen gegliedert. Der
aus den Items gebildete Summenwert ist ein Index der körperlichen
Beschwerdehaftigkeit (Klagsamkeit). |
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Theoretischer
Hintergrund |
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Die Fragen nach dem Allgemeinbefinden und nach körperlichen
Beschwerden sind ein wesentlicher Bestandteil der ärztlichen, aber auch
der psychologischen Diagnostik. Neben diesem individualisierenden
Interview haben sich standardisierte Fragebogen für
differentiell-psychologische, klinisch-psychologische und epidemiologische
Fragestellungen bewährt. Körperliche Beschwerden sind multi-referentielle
Konstruktionen, die vor allem bei chronischen Krankheiten viele
Bedingungen und Absichten erkennen lassen können. Es handelt sich um sog.
Laienkonstrukte und Schemata, bei deren Entwicklung außer den eigenen
Körperempfindungen auch populärmedizinisches Wissen und Kausaldeutungen
mitspielen. Die FBL auf solchen Konzepten, die bevölkerungsrepräsentativ
erhoben und konstruiert wurden. Die FBL bildet kein medizinisch bzw.
pathophysiologisch orientiertes Beschreibungssystem, sondern ein
testmethodisch standardisiertes und normiertes
Selbstbeurteilungs-Verfahren. Die FBL bezieht sich — im Unterschied zu einigen anderen
Fragebogen — auf ein relativ breites Spektrum körperlicher Beschwerden und
Befindensstörungen, d. h. keine einseitige oder von sehr speziellen
Konzepten (z. B. "somatoformen" Störungen) geleitete Vorauswahl. Die
Auswahl der Items wurde durch ein induktives Vorgehen bei der Entwicklung
der Testvorform geleitet und dann in der bevölkerungsrepräsentativen
Erhebung gerechtfertigt. Durch die quantitative Festlegung der fünf
Skalenstufen (siehe unten) soll eine höhere Prägnanz der Auskünfte
erreicht werden. Die Probleme solcher Quantoren u. a. Methodenprobleme
werden in der Handanweisung diskutiert.
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Bezug
zur Psychotherapie |
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Befindlichkeit und körperliche Beschwerden sind wesentliche
Aspekte von psychischer und somatischer Gesundheit bzw.
Therapiebedürftigkeit. Die systematische Erfassung solcher Hinweise mit
einem Fragebogen, der hier umfassender als ein Interview sein wird, kann
für Aufgaben des Screenings, der Diagnostik, Indikation und
Bewährungskontrolle nützlich sein. Die körperlichen Beschwerden bilden
eine fundamentale Dimension von Psychotherapie, Rehabilitation und
Gesundheitspsychologie (u. a. Brähler, 1986; Myrtek, 1998, Pennebaker,
1982) und der allgemeinen Lebenszufriedenheit (siehe FLZ, Fahrenberg,
Myrtek, Schumacher & Brähler, 2000). Die Häufigkeit der körperlichen
Beschwerden korreliert substantiell mit der Dimension Emotionalität
(Neurotizismus, Emotionale Labilität) und assoziierten
Persönlichkeitsmerkmalen wie der FPI-R Skala "Beanspruchung" (siehe
Fahrenberg, Hampel & Selg, 2001). In
der bevölkerungsrepräsentativen Erhebung äußerten 79 Personen, daß sie
gegenwärtig oder früher in Psychotherapie waren. Beim matched pairs
Vergleich mit zufällig ausgewählten Kontrollen ergaben sich sehr
signifikante Gruppenunterschiede in zahlreichen soziodemographischen
Merkmalen, Medikamenten und Kontakten mit Ärzten und
Kliniken. |
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Entwicklung des Tests |
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Die FBL wurde durch wiederholte Item- und Faktorenanalysen aus
einer Zusammenstellung von ursprünglich 230 Fragen entwickelt und
anschließend auf 78 Items reduziert. In diesen Analysen zeigte sich, daß
die Beantwortung nach "Häufigkeit" bzw. "Intensität" der Beschwerden zu
strukturell weitgehend äquivalenten Lösungen
führte. Deshalb wird in der FBL-G nur nach der Häufigkeit einer
Beschwerde gefragt. Für die Antwort sind 5-stufige Skalen vorgegeben,
welche — im Unterschied zu anderen Beschwerdenlisten dieser Art —
konkretere Aussagen über die Häufigkeit der Beschwerde verlangen: "fast
täglich", "etwa 3x in der Woche", "etwa 2x im Monat", "etwa 2x im Jahr",
"nie" (im Vergleich zu "häufig", "manchmal"
usw.). Zunächst wurde die FBL an einer breit streuenden Auswahl von
330 Gesunden und Patienten sowie an einer relativ homogenen Gruppe von 400
Studenten überprüft. Zwischen den Gruppen sowie zwischen Männern und
Frauen zeigten sich deutliche Unterschiede, außerdem gab es Zusammenhänge
mit anamnestischen u. a. klinischen Kriterien (Fahrenberg, 1966, 1975;
Hampel & Fahrenberg, 1982). Außer der Standardversion FBL-G (10
Skalen,78 Items) wurden aus diesem Item-Pool eine Kurzform FBL-K (2 Items
aus jeder Skala) und eine für Meßwiederholungen gedachte Form FBL-W (5
Skalen, 40 Items mit an den Befragungszeitraum angepaßten
Antwortenkategorien) zusammengestellt. |
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Der Fragebogen wurde in einer
bevölkerungsrepäsentativen Erhebung (N = 2070) testmethodisch überprüft
und normiert (Fahrenberg, 1994). Diese statistischen Analysen mittels
Clusteranalysen und Faktorenanalysen bestätigten vier der 10 Skalen in
befriedigender Weise, legten jedoch für die anderen Skalen eine z. T.
andere Itemselektion nahe. Es wurde eine Skala "Müdigkeit" neu gebildet
und die Items der Skala Motorik z. T auf die Skalen Anspannung verteilt
bzw. eliminiert. Die FBL-R ist der bisherigen FBL-G testmethodisch
überlegen und wird deswegen empfohlen. |
Aufbau und Auswertung |
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Die FBL-R ist die revidierte Form mit 71 Items in 9
Skalen: Allgemeinbefinden (8 Items) (Beispielitem: "Haben
Sie Appetitmangel?") Müdigkeit (7 Items) (Beispielitem: "Ermüden
Sie schnell?") Herrz-Kreislauf (8 Items) (Beispielitem: "Schlägt
Ihr Herz unregelmäßig?") Magen-Darm (8 Items) (Beispielitem: Haben Sie
einen empfindlichen Magen?") Kopf-Hals-Reizsyndrom (8 Items) (Beispielitem: "Haben
Sie Schwierigkeiten beim Schlucken?") Anspannung (8 Items) (Beispielitem: "Haben
Sie plötzlich Schweißausbruch?") Emotionale Reaktivität (8 Items) (Beispielitem: "Spüren
Sie es am ganzen Körper, wenn Sie sich über etwas
aufregen?") Schmerz (8 Items) (Beispielitem: "Haben
Sie Nackenschmerzen?") Sensorik (8 Items) (Beispielitem: "Sind Sie
geräuschempfindlich für laute Geräusche und
Töne?") sowie die Beschwerdensumme (aus den 71
Items) Es
wird nach der Häufigkeit dieser Beschwerden
gefragt: fast täglich — etwa 3 mal in der Woche — etwa 2 mal im Monat —
etwa 2 mal im Jahr — nie. Bei 25 Items verlangt der Iteminhalt statt der
Frage nach der Häufigkeit eine Frage nach der Intensität mit den fünf
Stufen: sehr stark — stark — mittel — kaum — praktisch
nicht. Als FBL-G wurde die ursprüngliche Fassung mit 10 Skalen und 78
Items weitergeführt, damit
Vergleiche mit früheren Untersuchungen möglich bleiben. Vier Skalen
Herz-Kreislauf, Magen-Darm, Emotionale Reaktivität und Sensorik sind
identisch, die übrigen wurden modifiziert (siehe Handanweisung). Das Formular enthält 80 Items, so daß mit den jeweiligen
Schlüsseln sowohl die Testwerte der FBL-R als auch der FBL-G ausgewertet
werden können. Zusätzlich enthält das Formular einige Fragen nach
Gesundheitssorgen, aktuellen Beschwerden (in eigenen Worten), nach
Medikamenten und nach Arztbesuchen während der letzten
Zeit. |
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Die Auswertung kann durch
Schablonen vorgenommen werden. Zur computer-unterstützten Anwendung
(Dateneingabe am PC) und Auswertung ist ein PC-Modul
verfügbar. |
Gütekriterien |
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Objektivität: Die FBL-R hat als
standardisierter Fragebogen eine hohe Durchführungs- und
Auswertungsobjektivität. Reliabilität: Die an der großen
Normierungsstichprobe berechneten Konsistenzkoeffizienten (Cronbach's
Alpha) liegen zwischen .73 (Allgemeinbefinden) und .90 (Herz-Kreislauf)
sowie . 95 (Beschwerdensumme). Stabilitätskoeffizienten der FBL-G sind in
der Handanweisung enthalten. Die Skalenwerte weisen untereinander
Korrelationen mittlerer Größenordung auf. Validität: Hinsichtlich der Auskünfte über Befindlichkeit
und körperliche Beschwerden muß gerade hier auf die logische und
inhaltliche Validität verwiesen werden. Zahlreiche Untersuchungen in der
psychophysiologischen Persönlichkeitsforschung und der Psychosomatik haben gezeigt, daß zwischen
geäußerten Beschwerden bzw. Körperwahrnehmungen und den objektivierbaren
Befunden hinsichtlich Funktionsstörungen oder Schädigungen in der Regel
nur geringfügige oder keine signifikanten Zusammenhänge bestehen. Dies
gilt insbesondere für chronische Krankheiten (siehe u. a. Myrtek,
1998). Die Repräsentativerhebung hat andererseits zahlreiche
substantielle Zusammenhänge mit soziodemographischen Merkmalen, u.a. mit
dem Geschlecht (bei Frauen höhere Werte) und mit dem Lebensalter (Ältere
mit höheren Werten), sowie mit Indikatoren des Gesundheitsverhaltens
ergeben. |
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Normen |
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Es
liegen aufgrund der repräsentativen Erhebung Normen von 2070 Personen in
den alten und den neuen Bundesländern vor. Diese Normen sind nach
Geschlecht und vier Altersgruppen
gegliedert. |
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Literatur |
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Brähler, E. (HRSG.).
(1986). Körpererleben. Ein
subjektiver Ausdruck von Leib und Seele. Beiträge zur psychosomatischen
Medizin. Berlin: Springer. Fahrenberg, J., Hampel, R. & Selg, H. (2001). Das Freiburger Persönlichkeitsinventar
FPI. Revidierte Fassung FPI-R und teilweise geänderte Fassung FPI-A1.
Handanweisung. 7.Auflage. Göttingen, Hogrefe. Fahrenberg, J., Myrtek, M., Schumacher, J. & Brähler, E.
(2000). Fragebogen zur
Lebenszufriedenheit (FLZ). Handanweisung. Göttingen:
Hogrefe. Hampel, R. & Fahrenberg, J. (1982). Die Freiburger Beschwerdenliste FBL.
Gruppenvergleiche und andere Studien zur Validität (Forschungsbericht
Nr. 7). Freiburg i. Br.: Universität, Psychologisches
Institut. Myrtek, M. (1998a). Gesunde
Kranke - kranke Gesunde. Psychophysiologie des Krankheitsverhaltens.
Bern: Huber. Myrtek, M. (1998b). Metaanalysen zur psychophysiologischen
Persönlichkeitsforschung. In F. Rösler (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie. Serie I
Biologische Psychologie. Bereich Theorie und Forschung. Bd 5. Ergebnisse
und Anwendungen der Psychophysiologie (S. 285-344). Göttingen:
Hogrefe. Pennebaker, J. W. (1982). The psychology of physical
symptoms. New York: Springer. |
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Autor
des Beitrags |
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Prof. Dr. Jochen Fahrenberg Abteilung Persönlichkeitspsychologie
Psychologisches Institut Universität Freiburg D
79085 Freiburg i. Br. eMail:
fahrenbe@psychologie.uni-freiburg.de |