FPI-R

Freiburger Persönlichkeitsinventar

 

Autoren

 

Jochen Fahrenberg

Rainer Hampel

Herbert Selg

 

 

 

Quelle

 

Fahrenberg, J., Hampel, R. & Selg, H. (2001). Das Freiburger Persönlichkeitsinventar FPI. Revidierte Fassung FPI-R und teilweise geänderte Fassung FPI-A1. Handanweisung 7. Auflage. Göttingen: Hogrefe

 

 

 

Vorgänger-/
Originalversion

 

Fahrenberg, J. & Selg, H. (1970). Das Freiburger Persönlichkeitsinventar FPI. Handanweisung 1. Auflage. Göttingen: Hogrefe. (mit Gesamtform G, Parallelformen A und B, Kurzform K).

 

 

 

Anwendungsbereich

 

Das FPI-R ist ein Persönlichkeitsinventar für Jugendliche und Erwachsene (von 16 Jahren bis ins hohe Alter). Es kann allgemein zum Assessment von Persönlichkeitsmerkmalen und im Rahmen der klinischen Diagnostik eingesetzt werden.

 

 

 

Bearbeitungszeit

 

Das FPI-R wird von 70 % der Untersuchten in etwa 20 Minuten bzw. von 90 % in bis zu 30 Minuten ausgefüllt (Schätzung des Zeitbedarfs durch die Teilnehmer der ersten Repräsentativerhebung 1982) .

 

 

 

Kurzbeschreibung

 

Durch die 138 Items dieses Fragebogens werden 12 Persönlichkeitsmerkmale erfaßt: Lebenszufriedenheit, Soziale Orientierung, Leistungsorientierung, Gehemmtheit, Erregbarkeit, Aggresssivität, Beanspruchung, Körperliche Beschwerden, Gesundheitssorgen und Offenheit sowie die beiden Sekundärfaktoren (sensu Eysenck) Extraversion und Emotionalität (Neurotizismus).

 

 

 

Theoretischer Hintergrund

 

Das FPI ist aus den theoretischen Interessen der Autoren an bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen entstanden. Die für das FPI ausgewählten Konstrukte haben ihre theoretische Fundierung also weder in einem spekulativen Gesamtkonzept der Persönlichkeit noch in einem faktorenanlytischen Formalismus der Datenreduktion oder dem Wunsch nach einer minimalen Zahl von allgemeinen Dimensionen. Der Ansatz ist eigenschaftstheoretisch und berücksichtigt ausgewählte Bereiche der Persönlichkeit: Emotionalität, Beanspruchung (Stress), körperliche Beschwerden und Gesundheitssorgen, Aggressivität und prosoziales Verhalten. Psychopathologische Konzepte im engeren Sinn und "klinische Skalen" wurden nicht einbezogen. Dieses Inventar soll als Beschreibungssystem mittlerer Bandbreite für verschiedene differentiell-psychologische Assessmentaufgaben dienen, deshalb enthält es zusätzlich die globalen Konstrukte E und N (Eysenck) in einer deutschen Rekonstruktion.

 

Die Skalen repräsentieren psychologische Konstrukte, die offensichtlich in den Selbstbeschreibungen der Durchschnittsbevölkerung einen herausragenden Einfluß haben. Diese Konzepte überlappen deutlich mit den Konzepten von direkten Selbsteinstufungen und Fremdbeurteilungen. Es handelt sich um robuste Dimensionen eines differentiell-psychologischen Beschreibungssystems. Die sozialpsychologisch-konstruktivistischen Interpretationen (vgl. Westmeyer, 1995), daß es sich grundsätzlich um Stereotypien der Urteilsbildung und sozialen Bewertung handelt, reichen jedoch als Erklärung nicht aus. Es gibt empirische Zusammenhänge zwischen Testwerten von Persönlichkeitsinventaren und Verhaltenskriterien, d.h. zu objektiv beobachtbaren Kriterien und zu selbstprotokollierten (berichteten, aber im Prinzip empirisch prüfbaren) Kriterien und zu Statuseigenschaften (soziodemographischer, beruflicher, klinischer usw. Art). Die Testautoren haben sich in ihrer weiteren Arbeit um die Operationalisierung und Explikation dieser Konzepte bemüht (siehe u.a. Fahrenberg, 1995; siehe Myrtek, 1998a, 1998b; Selg, Mees & Berg, 1997). Es wurden jedoch keine funktionalen oder genetischen Erklärungen für die gesamte Struktur und dynamische Regulation dieser Persönlichkeitseigenschaften postuliert. Zwei Bereiche wurden durch Skalenkonstruktionen und bevölkerungsrepräsentative Normierung weiter differenziert:  Freiburger Beschwerdenliste FBL-R (Fahrenberg, 1994) und Fragebogen zur Lebenszufriedenheit FLZ (Fahrenberg, Myrtek, Schumacher & Brähler, 2000).

 

 

 

 

Bezug zur Psychotherapie

 

Das FPI-R wurde zwar als Persönlichkeitsinventar mit einer mittleren Bandbreite für verschiedene Aufgaben des Assessment entwickelt, hat jedoch einen Akzentuierung im Hinblick auf Anwendungen im Bereich Psychosomatik, Psychotherapie, Rehabilitation, chronische Krankheiten, Gesundheitspsychologie. Das FPI wurde deswegen in einer größeren Anzahl von Screening-, Therapie-, Rehabilitations-  und Katamnesestudien eingesetzt, z. B. über die Wirksamkeit stationärer Verhaltenstherapie (Zielke, 1993). Zahlreiche Untersuchungen gibt es auch zur Drogen- und Alkoholabhängigkeit, Straffälligkeit sowie zur Epidemiologie psychischer und psychosomatischer Störung (Übersicht siehe Fahrenberg et al., 2001).

 

 

 

Das FPI-R erfaßt relativ überdauernde Persönlichkeitsmerkmale und eignet sich zur Veränderungsmessung nur bei Testwiederholungen in größeren Abständen (vielen Monaten, Jahren), wenn nachhaltige Veränderungen der Selbstbeurteilung erwartet werden. Das FPI-R ist aufgrund seiner wiederholten und breiten Normierung geeignet, bestimmte klinische u. a. Gruppen in wichtigen Persönlichkeitsmerkmalen mit der Durchschnittsbevölkerung (bzw. anderen interessierenden Gruppen) zu vergleichen.

 

Entwicklung des Tests

 

Die Differenzierung in zehn Persönlichkeitseigenschaften ist hypothetisch deduktiv und empirisch-induktiv erfolgt und durch faktoren- und item-analytische Befunde gerechtfertigt worden. Bei der Entwicklung des FPI wurden zwar faktorenanalytische Verfahren neben der itemmetrischen und clusteranalytischen Methodik verwendet, doch waren sie nur Hilfsmittel, um die Prägnanz der theoretischen Konstrukte und Skalenentwürfe zu verbessern. Die Skalen der ursprünglichen Fassung des FPI wurden 1984 bei der Revision zum FPI-R methodisch verbessert und weitere Skalen wurden hinzugefügt. Der Vergleich der beiden Repräsentativerhebungen von 1982 und 1999 zeigte, daß die Struktur des FPI-R sowie testmethodische Statistiken, Reliabilitätskoeffizienten und sogar die Normwerte sehr gut reproduzierbar waren.

 

 

 

Aufbau und Auswertung

 

Das FPI-R umfaßt 12 Skalen: Lebenszufriedenheit, Soziale Orientierung, Leistungsorientierung, Gehemmtheit, Erregbarkeit, Aggresssivität, Beanspruchung, Körperliche Beschwerden, Gesundheitssorgen und Offenheit (jeweils mit 12 Items) sowie die zwei Sekundärfaktoren Extraversion und Emotionalität (Neurotizismus) mit 14 Items. Die Items sind mit "stimmt" oder "stimmt nicht" zu beantworten (Beispielitem: "Ich gehe abends gerne aus").

Die Auswertung kann durch Schablonen vorgenommen werden. Zur computer-unterstützten Anwendung (Dateneingabe am PC) und Auswertung ist ein PC-Modul verfügbar. 

 

 

 

Gütekriterien

 

Objektivität: Das FPI-R hat als standardisierter Fragebogen eine hohe Durchführungs- und Auswertungs-Objektivität. 

 

Reliabilität: Die an der großen Normierungsstichprobe berechneten Konsistenzkoeffizienten (Cronbach's Alpha) liegen zwischen 0.73 und 0.83. Diese Koeffizienten sind für 12 bzw. 14 Items umfassende Skalen befriedigend. Höhere Koeffizienten würden zwar eine größere Homogenität (im Sinne eines geringeren Meßfehlers) anzeigen, anderseits auch Redundanz von Item-Inhalten. Stabilitätskoeffizienten liegen aus (nicht-repräsentativen) Studien vor. Im Hinblick auf den Standardmeßfehler und die Vertrauensintervalle einzelner Testwerte wären längere Skalen wünschenswert, doch wurden bei der Revision des FPI (4. Auflage) einige der ursprünglich längeren Skalen gekürzt, weil die Testanwender statt der Gesamtform FPI-G mehrheitlich die kürzeren Parallelformen A und B bevorzugten. Deshalb entschieden sich die Testautoren für die Entwicklung der im Vergleich zu FPI-G kürzeren, testökonomischen Form FPI-R.

 

Validität: Generell läßt sich sagen, daß die Testwerte des FPI-R unter Berücksichtigung der verhältnismäßig geringen Anzahl von Items in einer für viele Anwendungszwecke (siehe oben) ausreichender Weise die individuelle Ausprägung dieser 12 Persönlichkeitseigenschaften erfassen. Aufgrund der beiden Repräsentativerhebungen 1982 und 1999 sind für diese Selbsteinstufungen vielfältige und z. T. substantielle Beziehungen, u. a. zum Lebensalter, zur Schulbildung, zur Einkommensgruppe, zum Status als Arbeitsloser, aber auch zur konfessionellen Bindung und Parteipräferenz aufgezeigt worden. 

 

In der ausführlichen Handanweisung sind die zahlreichen Beziehungen zwischen FPI-R Skalen und soziodemographischen Merkmalen und Mittelwertunterschiede zwischen Patientengruppen und anderen Vergleichsgruppen dargestellt. Diese empirischen Befunde sind nicht in einigen Koeffizienten zusammenzufassen.

 

Testökonomie: Da zehn Persönlichkeitseigenschaften und die beiden globalen Konzepte Extraversion und Emotionalität berücksichtigt wurden und jeweils verschiedene Facetten repräsentiert sind, ist eine relativ große Bandbreite des Persönlichkeitsinventars bei dennoch befriedigender innerer Konsistenz der relativ kurzen Skalen gegeben. Einige Skalen weisen untereinander Korrelationen bis zu einer Größenordnung von etwa r = 0.45 (gemeinsame Varianz ca. 20 %) auf; es verbleibt jedoch ein großer Anteil eigenständiger und psychologisch-deskriptiv nützlicher Varianz. Das FPI-R kann mit 138 Items für 12 Skalen als ein relativ ökonomisches Persönlichkeitsinventar angesehen werden.

 

Qualitätskontrolle: Das Freiburger Persönlichkeitsinventar ist das älteste der in Deutschland entwickelten mehrdimensionalen Persönlichkeitsfragebogen (Testrezension u.a. Ostendorf, 1997). Im Sinne der Qualitätssicherung psychologischer Tests wurden — nach der Revision im Jahr 1982 — durch die neue Repräsentativerhebung und Normierung im Jahr 1999 sowohl die Struktur und Normen überprüft als auch wichtige neue Validitätshinweise gewonnen. Eine Fortschreibung der gesammelten Erfahrungen ist beabsichtigt.

 

 

 

Normen

 

Es liegen aufgrund einer erneuten bevölkerungsrepräsentativen Erhebung im Jahr 1999 Normen von 3740 Personen in den alten und den neuen Bundesländern vor. Die Normen sind nach Geschlechtszugehörigkeit und sieben (statt bisher vier) Altersgruppen gegliedert.

 

 

 

Literatur

 

Fahrenberg, J. (1994). Die Freiburger Beschwerdenliste (FBL).Form FBL-G und revidierte Form FBL-R. Handanweisung. Göttingen: Hogrefe.

Fahrenberg, J. (1995). Biopsychologische Unterschiede. In M. Amelang (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie. Serie Differentielle Psychologie und Persönlichkeitsforschung. Band 2. Verhaltens- und Leistungsunterschiede (pp. 139-193). Göttingen: Hogrefe.

Fahrenberg, J., Hampel, R. & Selg, H. (1994). Das Freiburger Persönlichkeitsinventar FPI. Revidierte Fassung FPI-R und teilweise geänderte Fassung FPI-A1. Handanweisung. 6.Auflage. Göttingen, Hogrefe.

Fahrenberg, J., Myrtek, M., Schumacher, J. & Brähler, E. (2000). Fragebogen zur Lebenszufriedenheit (FLZ). Handanweisung. Göttingen: Hogrefe.

Myrtek, M. (1998a). Gesunde Kranke - kranke Gesunde. Psychophysiologie des Krankheitsverhaltens. Bern: Huber.

Myrtek, M. (1998b). Metaanalysen zur psychophysiologischen Persönlichkeitsforschung. In F. Rösler (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie. Serie I Biologische Psychologie. Bereich Theorie und Forschung. Bd 5. Ergebnisse und Anwendungen der Psychophysiologie (S. 285-344). Göttingen: Hogrefe.

Ostendorf, F. (1997) Freiburger Persönlichkeitsinventar – Rev. Fassung (FPI-R). Zeitschrift für Differentielle und Diagnostische Psychologie, 18, 81-85.

Selg, H., Mees, U. & Berg, D. (1997). Psychologie der Aggressivität (2. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.

Westmeyer, H. (1995) Persönlichkeitspsychologie zwischen Realismus und Konstruktivismus. In K. Pawlik (Hrsg.). Bericht über den 39. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Hamburg 1994 (S. 748 – 753). Göttingen: Hogrefe.

Zielke, M. (1993). Wirksamkeit stationärer Verhaltenstherapie. Weinheim: Beltz, Psychologie Verlags Union.

 

 

 

Autor des Beitrags

 

Prof. Dr. Jochen Fahrenberg

Abteilung Persönlichkeitspsychologie

Psychologisches Institut

Universität Freiburg

D 79085 Freiburg i. Br.

eMail: fahrenbe@psychologie.uni-freiburg.de